Aber alles begann mit Männern in beigen Trenchcoats, die Plakate hochhielten. Am 29. April 1972 fand im katholischen Münster (NRW) der erste Schwulenprotest in der Bundesrepublik statt. Fast 200 schwule und lesbische Studenten liefen in die Stadt, um auf ihre Vertreibung und Diskriminierung aufmerksam zu machen. Sie forderten: „Hört auf, über Homosexualität zu lügen“ und „Homos raus aus den Löchern“. Bunt und selbstbewusst: Teilnehmer der Christopher-Street-Day-Parade in Berlin 2016 Foto: Georg Moritz Für die Münsteraner war das damals ein Schock. Einige standen wütend und aggressiv am Straßenrand. 1972 galt Homosexualität noch als perverse Störung, Krankheit und Straftat. „Dann waren da Engagement, Mut und Kraft“, sagt Professor Dr. Martin Dannecker (80) zu BILD am SONNTAG. „Ich habe damals als eine der führenden Persönlichkeiten an der Demonstration in Münster teilgenommen.“ Heute lebt die Sexologin in Berlin. Zum Festakt zum 50-jährigen Jubiläum der Demo, zu dem queere Vereine und Organisationen eingeladen waren, kam er am Freitagabend ins Rathaus Münster. „Was hier gesagt wird, ist offizieller als an jenem Tag. „Jetzt ist die Erinnerung wie eine Jubiläumsfeier – und das macht mich etwas zwiespältig.“ Prof.. DR. Martin Dannecker (80) 1972 beschäftigte sich Dannecker nicht nur mit Gleichberechtigung, sondern auch mit Gesellschaftskritik. Die meisten Demonstranten hingegen folgten einfach ihrem Herzen. Sie wollten ihre Gefühle nicht länger verbergen. Ihr mutiger Weg war der Ausgangspunkt für eine Entwicklung, die Jahre später unter anderem die „Ehe für alle“ brachte. Wie schwierig der Weg dorthin war, zeigt auch das Schicksal zweier Männer. Sie fielen dem Artikel 175 zum Opfer, der Homosexualität bis 1994 unter Strafe stellte – lesen Sie ihre Geschichte unten: Foto: BILD